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„Grüß Gott, Mägdelein! Kennst du mich noch? Bist doch das Vöglein aus dem Wald, das so schön singen kann und das verirrte Wanderer mit Erdbeeren erquickt?“

Magdalies erkannte den Ritter sogleich wieder; aber wie prächtig erschien er heute hoch zu Roß in reichem Schmuck!

Gern hätte sie seinen Namen gewußt. Sie knixte höflich, doch zu einer Antwort hatte sie nicht Zeit, denn der Ritter fragte: „Hast du auch deine Feder nicht vergessen?“

Die Jungfrau zog diese eilig hervor.

„So ist’s recht, Mägdelein. Was hast du in deinem Korbe?“

Auf diese Frage erzählte Magdalies zutraulich, daß sie Erdbeeren für den kranken König bringe.

„Gut! Ich wollte, du könntest ihn gesund machen!“ rief der Ritter erfreut. „Laufe einstweilen ins Schloß; die Feder öffnet dir alle Tore. Ich löse sie ein, denn du wirst mich bald daselbst sehen.“ –

Er winkte Magdalies freundlich zu und sprengte davon.

Wer mochte er nur sein? Gar zu gern hätte sie es gewußt.

Nicht lange, so war sie im Schloß.

Doch als sie fragte, ob man sie zum König lassen würde, lachten die Höflinge sie aus.

Magdalies waren die Tränen nahe. Da fiel ihr die Feder wieder ein.

Und siehe da, kaum hatten die Höflinge vernommen, welche Bewandtnis es mit derselben hatte, so waren sie wie umgewandelt.

Durch weite Gänge und prächtige Gemächer ward Magdalies geführt, die kaum wagte, sich umzublicken und nur auf den Fußspitzen zu gehen sich getraute, aus Angst, ihre groben Schuhe möchten etwas verderben.

In einem Gemach berieten eben die drei Leibärzte des Königs über ihren Patienten, als ein Diener meldete, daß ein

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_039.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)