kleiner Münze ward ein Ohm guten Rheinweins aufgepackt und mit Stricken wohl befestigt: der Kutscher mußte vom Bock fahren. Am ersten Tage gings über Schönberg, wo zu Mittage gespeist ward, durch die kalte Herberge nach Rhena, wo man zu Nacht blieb: unter das Volk, das hier jubelnd und jauchzend zulief, wurden Aepfel, Haselnüsse und Semmelbröde ausgestreut. Am Martini-Abend traf die Gesandschaft in Schwerin ein, blieb aber bis zum folgenden Mittage in einem Gasthofe der Vorstadt, und bereitete sich leiblich; zugleich wurde das Geschirr aufs genaueste untersucht und nöthigenfalls ausgebessert, weil der geringste Mangel den Verlust des Wagens zusamt der Pferde nach sich zog.
Am Martens-Tage punkt 12 Uhr fuhr der Zug in vollem Trabe an die Stadt; aber alsbald zog die Schildwache den Schlagbaum zu, und ein Gefreiter begann ein strenges Examen, welches samt den Antworten gehörig formuliert war. Dann trat die Wache ins Gewehr; der Schlagbaum ward geöffnet; die Soldaten präsentierten vom Fuß auf, und empfingen dafür, außer gnädigem Gruß, einen Gulden Trinkgeld. Ein Unteroffizier und zwei Mann begleiteten den Wagen ins Wirthshaus, und blieben zur Sicherheit dort. Vom Thor ab nämlich strömte die Jugend, vor allem aus dem Schuster-, Riemer- und Schmiedegewerk, zusammen und rief: „Martensmann! Musmarten! Schön Marten! Hei Marten! Penningsmarken!“
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)