1301 auf Martini-Tag kam Heinrich der Pilger, Herzog von Meklenburg, aus 28jähriger Gefangenschaft im gelobten Lande, nach Lübeck. Diese Stadt hatte seit vielen Jahren an seiner Befreiung gearbeitet, sich ihm in Rom, wo ihr Protonotär gerade zu thun hatte, höchst gefällig erwiesen, und empfing ihn jetzt mit den größten Ehren, wie im Triumph. Deß war der edle Fürst so dankbar, daß er Einem Rath und den Bürgern all das Land um Lübeck schenkte, das er von seinen Vorfahren her besessen, ihnen auch Zollfreiheit durch ganz Meklenburg verlieh, und sich nur ausbedang, daß sie zum Gedächtniß ihm alle Jahr um Martini ein Ohm so köstlichen Weins schicken möchten, wie er bei ihnen genossen. Dieß ward ihm mit Freuden zugesagt, und auch gehalten.
Seitdem fuhr alljährlich auf Martini ein gesunder, hand- und kopffester Rathsdiener, in Begleitung zweier anderen ehrbaren Männer als Zeugen, nach Schwerin. Dabei aber hatte Alles bis ins kleinste seine genau gewiesenen Wege. Man nahm einen wohl mit Eisen beschlagenen offnen, oder sogenannten Kalesch-Wagen, und vier braune, mit schwarzem Ledergeschirr und guten Hufeisen versehene muthige Rosse. Außer Lebensmitteln und
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)