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danach, wie er des Rathsherrn große Güter der Kirche zuwenden möchte. Er wollte deßhalb, daß die sieben Mädchen geistlich beschlossene Jungfern würden, und übte sie ohn Aufhören in allerlei Gottesdienst, daß man sie allezeit nur singen und beten hörte. Davon hieß das Haus Himmelreich. Damit aber die guten Kinder nicht weltlich würden, ließ der Priester ihre Wohnung fest verwahren, und sie nur in einem Rosengarten spazieren gehn, den er mit einer hohen Mauer verschließen lassen. Da hörten sie nun den Lärm in der Hölle.

Es ging aber an der Mauer ein schöner starker Rosenstock in die Höhe, in dem wilde Tauben nisteten. Die machten den Mörtel los, daß eines Tages ein Stein hinabfiel, und eine Oeffnung entstand, dadurch man sehn konnte, wie es in der Hölle zuging. Das jüngste Mägdlein aber war neugierig, und sah heimlich durch. Da saßen die sieben Brüder still im Grünen, denn sie mußten jeglicher auf sein Glück hinausziehn und sich in der Welt was versuchen, und waren traurig, daß sie einander verlassen sollten; aber es mochte nicht anders sein. Nun winkt das Mägdlein seinem Geschwister und zeiget’s ihnen; sie alle aber haben ihr Gefallen daran, rufen die Gesellen zu sich und verehren jeglichem einen schönen Goldpfennig mit ihres Geschlechtes Waffen. Danach gingen sie zurück, weil der Priester kam; aber so viel sie auch weiterhin Verlangen trugen, die Reiter wieder zu sehn, gab es

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/85&oldid=- (Version vom 1.8.2018)