solle doch ihrer schonen und ihr das Leben schenken; sie wollte ihn gern zur Ehe nehmen und mit ihm in die Welt ziehn, wohin er möchte. Aber diese Stimme ward alsbald still. Die Magd darauf, gar sehr erschrocken, geht abermals zu dem Roß, macht es los, setzt sich darauf und reitet eilends dem Burgthor wieder zu. Indem kömmt auch der Schinder mit seinem Wagen zurück, und werden also beide eingelassen. Die Magd reitet vor ihres Herrn Haus, erzählt alles was sie gehört, und wie sie zu dem Roß gekommen sei. Der Herr aber geht Morgens früh zu den Herren des Gerichts, und meldet, was sich vergangene Nacht begeben, mit Muthmaßung, daß sich ohne Zweifel eine jämmerliche Mordthat zugetragen. Hierauf ist dem Bürger befohlen: daß er das Pferd durch seinen Jungen die eine Gasse auf, die andere nieder, und so die ganze Stadt durchziehn lassen sollte. Aber die Herren des Gerichts haben alsbald zwei Stalldiener dem Jungen, der das Pferd geführt, nachfolgen lassen, mit Befehl, daß sie wohl Acht haben sollten, ob sich etwa Einer fände, der das Pferd kennen möchte: den sollten sie auf’s Korn nehmen.
Da nun das Roß fast lange herumgeführt worden, kömmt es endlich vor Herrn Hermann Meßmanns Thür, wo hernach Herr Hermann Klever gewohnt: das Eckhaus oben der Mardelsgrube. Daselbst steht ein Edelmann vor
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/67&oldid=- (Version vom 1.8.2018)