Im Jahre 1247 zogen die Mönche zu S. Johanniskloster, wiewohl ungern, aus Lübeck nach Cismar. Aber es wollte nicht anders sein; denn statt der guten Werke, deren sie sich so trefflich gerühmt, haben sie greuliche Unzucht im Kloster getrieben, daß es auf die Länge zu grob geworden. Sonderlich hatten sie ein neues Schelmstück erdacht mit den Schifferfrauen. Einer der gottlosen Mönche hat das Balbierhandwerk erlernt und vielen solcher Weiber im Kloster die Haare abgeschnitten, ja eine runde Platte geschoren, damit sie um so leichter in Mönchstracht im Kloster ein- und ausgehen und bei Tag und bei Nacht unvermerkt bleiben möchten. Solche Büberei ist lange Jahr, wenn die Schiffer ausgewesen, getrieben worden. Da nun einmal einer von ihnen etliche Tage vor den andern morgens gar früh zu Hause kommt und seine Frau nicht findet, spricht die Magd, die sei noch den Abend ausgeholt, sie wisse nicht wohin. Indessen zeucht der Mann seine Kleider aus, leget sich ins Bette zu schlafen, gedenkt die Frau werde wol kommen, und schläft mit Frieden. Etliche Stunden danach kommt die Schifferin leise dahergezogen, macht die Kammer zu und legt sich in der Stille nieder. Nun mochte der Mann etwa leichten Schlafes sein, wendet sich zur Frauen und fragt, wo sie denn die ganze Nacht gewesen sei und warum sie erst so spät auf den Morgen
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)