1675 den 29. Januar, Nachts zwischen 12 und 1 Uhr, begab sich allhie etwas ganz Ungewöhnliches. Es mußte nämlich der Hausknecht aus dem Engel hinter dem Markt nebst zween Mädchen etliche Bürger mit der Leuchte nach Hause bringen: wie sie aber wieder umkehren und oben der Alfstraße zusammenkommen, hat der Knecht ohn’ einiges Widerreden der Mägde über den Marienkirchhof gehn wollen; je mehr sie ihn aber abgemahnt, um so heftiger hat er dagegen getobt und geflucht: wenn auch der Teufel daselbst wäre, wolle er den Kirchhof doch passieren. Wie er aber vorwärts geht, erhebt sich plötzlich ein ungestümer Wind, der ihn mit der Leuchte vom Boden aufgenommen und in die Luft geführt, dergestalt daß er allererst nach zwei Stunden bei seines Herrn Hause niedergeworfen wird und nicht Hände und Füße regen können. Also hat er einige Tage ohne Essen und Trinken kraftlos gelegen und ist unter seinen Armen ganz blau gewesen, hat auch nicht eigentlich gewußt, wie ihm geschehen sei; jedoch große Gelübde gethan, sein Leben hinfüro zu bessern und von dem gottlosen Wesen abzustehn.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/388&oldid=- (Version vom 1.8.2018)