da sie dieselbe anlegen wollte, war sie weg. Man suchte und suchte; endlich ward sie in des Kutschers Koffer gefunden. Der Gesell war darüber ganz bestürzt und verlegen, sein Herr jedoch, der sonst nichts auf ihn wußte, zum Verzeihen bereit; aber das Weib verlangte die strengste Bestrafung. Auf der Marterbank sagte der Unglückliche aus was man wollte, und ward darnach als Dieb verurtheilt; auf dringende Fürsprache seines Herrn begnadigte man ihn mit Enthauptung. Es half ihm nichts, daß er seine Unschuld aufs höchste betheuerte.
Nach einiger Zeit aber war die Uhr wieder weg. Als man genau nachforschte, befand sich, daß eine Magd, welche lange Zeit im Hause gedient, und sich kürzlich verheirathet, sie gestohlen. Es war dieselbe Magd, die vordem nach Anweisung ihrer Herrin für gutes Geld die Uhr unter des Kutschers Sachen heimlich verborgen hatte. Am Neujahrsabend ward sie ergriffen und in die Büttelei gebracht. Ihre Frau aber, als sie das sogleich erfahren, wird unruhig und voll Angst, daß ihre Schandthat ans Licht kommen möchte: sie läßt also spät Abends anspannen, als wenn sie zu einer kranken Freundin fahren will, steigt aber vor der Alsheide aus und stürzt sich in die Trave. Da sie nicht wiederkömmt, macht der Kutscher Lärm; man sucht nach ihr; endlich sagt ein Wächter aus, daß er dann und dann etwas, wie einen menschlichen Körper, ins Wasser fallen hören. Es wird nachgefischt,
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/343&oldid=- (Version vom 1.8.2018)