Seite übersetzen lassen wollte. Schon Nachmittags 2 Uhr ward er auf dem Marstall zu dem scheuslich verstümmelten Körper geführt, sagte aber ganz unbefangen: „sieh, sieh, armes Weib, das dacht’ ich nicht, als ich dich gestern in die Stadt schickte, daß ich dich so wiedersehen würde!“ Aber in demselben Augenblick begann der Leichnam übermäßig zu bluten, dergestalt daß die Herren und das Volk sich höchlich verwunderten, und nach Gottes Fingerzeig den Schuldigen erkannten. Der Mörder ward also in die Frohnerei gebracht; aber man hatte Mühe, ihn lebendig durch die Gassen zu bringen, so wüthend war auf ihn das Volk, und namentlich alle Weiber. Ja, als er vor die Frohnerei kam, trat des Büttels Weib in Wuth an die Thür, und schrie: „weg, weg mit dem Schelm; der darf in mein Haus keinen Fuß setzen.“ Claus Rose aber sprach: „gemach, gemach, liebe Frau, ich will ihn schon verwahren, daß du behältst was dir Gott gegeben,“ und damit setzte er ihn in den tiefsten Keller.
Nach Ostern ward das Scheusal gerädert, geköpft und dann geviertheilt; sein Kopf aber auf eine hohe Stange gesteckt.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/318&oldid=- (Version vom 1.8.2018)