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als wenn es tief in der Nacht wäre. Da steigt sie aus dem Bette, hört die Nachbarinnen mit einander schwatzen, und fragt, wie es an der Zeit, und was die Glocke sei? Die sprechen: „sieben Uhr!“ – „Ei, sagt sie wieder, wie ist es denn noch so finster?“ Die Frauen werden lachen und meinen, daß sie trunken sei. Aber die plötzlich Blinde, welche noch den vorigen Tag stocktaub gewesen und so wohl als Andere hat sehen können, nun aber stockblind geworden und so wohl als Andere hören kann, fällt auf ihre Knie und danket dem allmächtigen, treuen Gott, daß er so gnädiglich ihr Gebet erhört.

Ob nun wohl des Tages Licht zu schauen eine große Gabe Gottes ist, hat doch diese Frau es viel höher geachtet, daß sie Gottes Wort hören können, zumal man um die Zeit das Evangelium zu predigen angefangen.


173. Das dicke Wachslicht.

1525 war nächst König Christiern der Lübschen ärgster Feind Herr Severin von Norby, ein streitbarer aber gottloser Mann, der auf Gottland saß und sich dünken ließ, daß ihn Gott sonderlich erwecket zur Strafe der Seestädte, um ihrer Sünde willen. Auf solchen Glauben hat er denn ihren Schiffen viel Ueberlast und Schaden

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/303&oldid=- (Version vom 1.8.2018)