1518, ungefähr im Sommer, an einem schönen und lustigen Tag gegen Abend ist ein vornehmer Bürger mit Weib und Kind vor’s Burgthor hinaus spazieren gegangen. Sie drehten des Weges nach dem Schwerin hin, und setzten sich daselbst auf einen frischen Plan, langten ihr Essen und Trinken hervor, und genossen ihrer Lust. Die Kinder aber, worunter ein Mägdlein von 10 Jahren, Birgitta Schinkels, haben drei oder vier Schritte Weges von den Eltern um einen großen Baum gespielt. Auf einmal sieht Birgitta eine Feldmaus, die etwas trägt, was in dem Sonnenschein wacker geglimmert, also daß sie mit Frohlocken geschrieen: „o seht doch, welch ein schönes Dinglein das Thier im Munde hat!“ Als nun Vater und Mutter dazu kommen, ist die Maus eilig in ihr Löchlein an der Wurzel gelaufen; man macht jedoch mit Messern und Dolchen die Oeffnung größer, und findet endlich einen ziemlich großen Haufen altväterischer schöner Guldenpfennige, etliche tausend Thaler werth.
Dieses Geld ist zu Birgitta’s Vortheil angelegt und hat so viel Glück gehabt, daß Birgitta Schinkels das reichste Mädchen zu Lübeck geworden ist.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/296&oldid=- (Version vom 1.8.2018)