1512 hat zu Lübeck Einer gelebt, Junker Schwerin genannt, der letzte dieses Namens und Stammes, vornehmer und guter Leute Kind. Ihm hat zu der Zeit die ganze Hölzung vor dem Burgthor, welche der Schwerin heißt, zugehört: er ist aber ein Schlemmer gewesen und in böse Gesellschaft gerathen, von welcher Einer ein Astrologus gewesen, der sich viel vernehmen lassen und vorgegeben, daß in einer bestimmten kurzen Frist der jüngste Tag unfehlbar kommen würde.
Hierauf hat der Junker Schwerin seine Habe und Güter überschlagen und sein Facit gemacht: wenn er so und so viel mit seinen guten Gesellen verthäte, könne er gerade auskommen bis auf den verkündigten jüngsten Tag.
Als nun endlich Geld und Gut verschlemmt, verpraßt, oder versetzt war, aber der jüngste Tag noch immer nicht kommen wollte, mußte der Junker aus Noth, Hunger und Kummer das liebe Brot zu betteln anfangen. Wenn er nun vor Jemandes Thür gekommen, hat er mit diesen Worten eine Gabe begehrt: „Bittet für einen, der sich verrechnet hat, und gebet ihm etwas um Gotteswillen.“
Nachdem dieß eine Weile gewährt, haben ihrer Etliche zusammengeschossen, und ihm ein silbernes Schälchen
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/291&oldid=- (Version vom 1.8.2018)