Da finden ihn zwar die Leute den andern Tag; aber sie haben ihn nicht wegbringen können; so fest hat er gesessen. Er hat auch nichts genießen mögen, als eine Oblate, die ihm der Küster alle Neujahrsabend gebracht. Da nun der auch gestorben, und der neue nichts von der Oblate gewußt, hat man folgendes Jahres den alten Mann versteinert gefunden.
So sitzt er noch da. Sein großes Gut aber hat Ein Rath, weil keine Erben da gewesen, nach S. Annen gegeben.
1506 ist Herr Thomas von Wickede in den Orden des Raths zu Lübeck gekoren. Dieser ist eines solchen aufrichtigen Gemüths gewesen, daß er seines eignen üppigen Weibes in ihrer Hoffahrt nicht verschonen wollen. Denn da Ein Rath beschlossen, daß keine Frau, weß Standes sie auch wäre, mehr als so und so viel Gold an ihrem Halse tragen sollte, hat dieser Burgemeister seine Frau freundlicher Weise, aber höchlich, ermahnt und auch gewahrscheuet: daß sie ihren Geschmuck mindern sollte, oder es möchte ihr sobald als einem andern Weibe ein Schimpf widerfahren. Solches hat sie verlacht, und sich vernehmen lassen: ihr Herr wäre ältester
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/279&oldid=- (Version vom 1.8.2018)