auch mit solchem Mann all mein Lebtage keinen Handel und Wandel gehabt, und weiß nicht, was ich dazu sagen soll.“ Der Student spricht ferner: „Soll ich denn eine vergebliche Reise gethan haben? Jedoch wohlan, wenn der Herr schwören kann, daß es seine Hand und Petschaft nicht ist: so muß ich zufrieden sein, und wieder zu meinem Hamburger ziehen.“ Darauf sagt der Kaufmann: „Geduld, mein guter Freund; auf einen Eid lass’ ich mich nicht dringen; komm’ her, ich habe wohl schon eher so viel und noch mehr verloren;“ zahlt dem Studenten die 400 Gulden aus, und nimmt die falsche Obligation zu sich. Der Empfänger bedankt sich der Bezahlung, und geht mit vielen Komplimenten davon. Mittlerweile bleibt der Kaufmann viele Jahre bei seiner Verwunderung; endlich giebt er sich zufrieden.
Dem Studenten aber ist damit geholfen gewesen; er hat ein zwar falsch geübtes, doch im Grunde zu Gott aufrichtiges Herz, käuft sich viele zur Juristerei nöthige Bücher, reiset auf unterschiedliche Universitäten, ist fleißig, liest juristische Kollegien, wird auch endlich Doctor, und nach 8 Jahren sogar Kurfürstlicher Geheimer Rath zu Brandenburg. Da gedenkt er des Lübischen Kaufmanns, der ihm aus dem Staube geholfen, kömmt also mit drei Dienern, wohlstaffieret, nach Lübeck, und geht in des Mannes Behausung, der gar nicht weiß, wie es sich ereignet, daß er so einen so vornehmen Herrn bei sich sehen
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/271&oldid=- (Version vom 1.8.2018)