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Da er nun zurückgekehrt, hat er alles fleißig abmessen und aufreißen lassen; und hat sich befunden, daß von der alten Gerichtsstube an der Kanzlei bis an das Jerusalem vor dem Burgthor genau die Zahl der Schritte sei, wie von Pilati Richthaus bis zur Schädelstätte.

Danach sind die Schritte von der Stätte, wo Christus das Kreuz getragen, abgezählt, und ein Denkstein in die Mauer der Jakobikirche am Kuhberge gefügt, wo die Kreuzestracht begonnen.

Desgleichen ist vom ersten Burgthor ab bis nach dem Jerusalem die Länge des Weges gefunden, wo Simon von Cyrene für den Herrn das Kreuz genommen.

Als nun der Berg erhöht und das Bild der Kreuzigung aufgestellt ist, und Herr Constin inbrünstig anbetet: siehe, da kömmt ein großes Schiff die Trave aufwärts, das führt seine Tochter samt ihrem Eheherrn daher; die legen ihm ihr Kind, seiner verstorbenen Frauen Ebenbild, in den Arm.

Danach ist er sanft und selig entschlafen.

Als aber nach vielen Jahren durch einen Blitz der Stein der Kreuzigung zerrissen, sind doch die Beine ganz heil und unzerbrochen geblieben; wie zuvor gesagt ist: „Ihr sollt ihm kein Bein zerbrechen.“ Dessen haben sich verständige Leute, die es gesehn, nicht genug verwundern können.

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/266&oldid=- (Version vom 1.8.2018)