1479. Um diese Zeit sind zwei Kaufgesellen, die gute Freunde waren, mit ihren Wagen aus der Mark nach Lübeck zurückgekehrt. Als sie nun auf der Straße vom Ackerhofe (Marly) nach der Stadt sind, will der eine, Hans Klever, der ein guter Schütz gewesen, die Röhre abschießen, weil man nicht mit geladener Wehre in die Stadt kommen dürfen. Wie er sich aber nicht vorsieht, als gerade sein Gesell aus dem Schlaf aufgefahren, schießt er den todt: was ihm großes Herzeleid gemacht.
Die Herren des Gerichts setzen ihn danach in den Absalonsthurm am Hürterthor; und des Erschossenen Freunde lassen an der Stelle, wo das Unglück geschehn, ein steinernes Kreuz aufrichten. Das hat der Gefangene von dem Thurm aus sehn können, und häufig Thränen vergossen; und sich erboten, einen wunderbaren Schuß zu thun, seine Unschuld zu beweisen, dafern man ihn seiner Banden entfreien wollte.
Endlich ist es ihm mit Zulassung Eines Raths bewilligt: da hat er mit seinem Rohr vom Hürterdamm nach dem linken Arm des Kreuzes gezielt, und dreimal hineingeschossen, dergestalt, daß die Kugeln ein
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/258&oldid=- (Version vom 1.8.2018)