Seite:Luebische Geschichten und Sagen.djvu/235

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
119. Herr Kastorp.

1455 hat die Stadt Lübeck guten Frieden gehabt und merklich an Reichthum zugenommen; da sie denn friedsame und wohlverständige Obrigkeit gehabt. Und wiewohl oftmals Ursach genug zum Kriegen vorhanden gewesen, ist dennoch allewege guter Friede gehalten. Insonderheit aber ist ein Burgemeister hoch zu loben, Namens Herr Heinrich Kastorp; denn so oft zwistige Händel vorgefallen, die unschwer Ursache zum Krieg hätten geben können, hat er gesagt: „Laßt uns tagen, laßt uns tagen; wir können zwar leichtlich mit ein paar Nadelriemen oder Senkeln die Fahne auf den Stock binden, aber es kostet große Müh und Leiden viel, sie wieder abzulösen.“

Item hat er auch gemeiniglich gesagt: Lübeck sei eine Kaufstadt und zur Nahrung gebaut; darum denn sei ihr nichts besser, als der Friede.

Item ist er ein großer Liebhaber von allen Künsten gewesen, sonderlich von der Musica, wie denn auch er die Sängerkapelle zu S. Marien angerichtet.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/235&oldid=- (Version vom 1.8.2018)