Seite:Luebische Geschichten und Sagen.djvu/231

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Alle Jahr aber, auf denselben Tag, da sie hinausgeflogen, schießen sie dreimal aus dem Wasser bis unter die Knie nacket empor; nur die Füße kann man nicht sehen.

Bisweilen hört man sie deutlich rufen; dann ertrinkt den folgenden Tag Einer.


Andere erzählen so: Vor langen Jahren gab es auf der Waknitz zwischen dem Hürter- und Mühlenthor, gerade S. Annen-Kloster gegenüber, ein herrliches, anmuthiges Lusthaus mit einer Brücke. Auf diesem Lusthause haben die Patrizier zweimal des Jahres ihre Köste angestellt: einmal im Mai, da sind die Junker zu Pferde hingeritten, Mann und Weib bei Paaren, hernach die Gesellen und Jungfern auch zu Pferde; zu Winterszeit aber sind sie in Schlitten hingefahren: das hat man das Schneegelag geheißen; und sind daselbst sehr lustig gewesen. Nun hat sich bei Sommerzeit zugetragen, daß einer von den Junkern aus Welschland nach Hause gekommen und einen guten Freund von unansehnlicher Statur mitgebracht; der wird nebst Andern mit hinausgebeten. Da spricht nun der heimgekommene Junggesell etlichen ihm bekannten Jungfern zu: sie sollten den fremden Gesellen nicht verachten, ob er gleich häßlich sei; denn er wäre wohl so hochgeadelt, wie alle Anwesenden,

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)