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ihn und bezichtigte ihn der Dieberei. Deßwegen ward er gefangen gesetzt; aber weil er unschuldig war, konnte man ihm mit Peinigen nichts abfragen. Viel guter Leute und Bürger gaben sich große Mühe, ihn aus dem Gefängniß zu entfreien; aber es half nichts: der Heerrmeister ließ ihn zum Galgen verurtheilen. Als jedoch der Gesell zum Tode hingehen müssen, fordert er den Heermeister als seinen ungerechten Richter nach 13 Tagen vor Gottes strenges Gericht, daß er antworte wegen seiner Seele.

Solche Rede kam zwar vor den Heermeister, er aber schlug sie lachend in den Wind, und machte sich mit seiner Buhlschaft fröhlich und guter Dinge. Wie nun der dreizehnte Tag vorhanden, welches der Montag nach Lätare war, und er mit dem Weibe in allen Freuden über Tisch saß: siehe, da ward ihm plötzlich weh und übel zu Muthe, und das nahm geschwind überhand. Sein Gesinde wollt ihn dessen trösten; aber er sprach: „ich muß davon und vor Gottes Gericht; ich sehe denjenigen, der mich geladen, gleichsam lebendig vor meinem Angesichte stehn.“ Damit verkehrte er die Augen, und nahm ein entsetzliches Ende.

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/203&oldid=- (Version vom 1.8.2018)