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100. Habundus.

Anno 1422 hat ein vornehmer, verständiger Mann in Kurland regiert, der auch das Erzstift Riga verwaltet, Johannes Habundus mit Namen.

Dieser hat unter andern Brüdern auch einen älteren gehabt, N. Habundus, Domherr zu Lübeck, der hinter dem Chor begraben liegt und von welchem man wunderliche Dinge gesagt.

Er soll nämlich nach seinem Tode, allemal wenn ein Kapitelsherr sterben sollen, demselben in seinem Stuhl oder Stand im Chor eine Rose gelegt haben. Das hat etliche Jahr gewährt, daß also derjenige, welcher solche Rose in seinem Gestühlte gefunden, in demselbigen Jahre gestorben ist.

Da nun auf eine Zeit auch einer, welcher des Morgens zuerst ins Chor gekommen, die Rose in seinem Stand findet, erschrickt er, nimmt jedoch, weil sonst niemand vorhanden, dieselbe, und wirft sie in eines Anderen Stuhl, der auch danach gestorben.

Da nun wieder ein Domherr sterben sollen, findet der eine Lilienblume in seinen Stand gelegt; er thut aber, wie eben gesagt, und legt sie auch einem Andern in den Stuhl, der auch danach gestorben.

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/195&oldid=- (Version vom 1.8.2018)