in dem alten sogenannten Breitenstein wohnte, einer von den vier Hauptleuten der Verrätherei. Wie der die Pferde auf den Steinen hört, macht er sich aus dem Bette ans Fenster, in der Meinung, es seien schon die Gudendorper da; als er aber bei hellem Mondlicht die Herren des Raths samt ihren Dienern und den Junkern und Kaufleuten sieht, ist er heftig erschrocken und spricht überlaut bei sich selbst: „o heiliges Blut, hie ist zu lange geschlafen!“ Diese Worte hörten einige Wächter, so unter seinem Fenster standen, weil er ohnedieß als ein unruhiger Kopf in bösem Verdacht war; deßwegen ward ihm die Thüre mit Gewalt geöffnet, und er beim Kopf genommen und in die Frohnerei gebracht; wo er auch ungepeinigt alsbald alles aussagte und umständlich kund that. Danach verfügte man sich in der Stille nach Hinrich Paternostermaker’s Haus in der Alfstraße, wo man auch einen Lärm wie von geharnischten Leuten gehört, und fand allda schon einen Theil der Rottgesellen in gutem Gewaffen versammelt, die dann sogleich ergriffen und mit schweren Fesseln belegt wurden. Die Reitendiener aber stürzten in der Wuth den Paternostermaker über Hals und Kopf in den Diebskeller; da lag er und wollte weder essen und trinken, und sprach auch kein Wort; und ward nach wenig Tagen todt gefunden. Jedennoch brachte man den Leichnam vor das Gericht und sprach das Urthel über ihn, ließ ihn hinausschleifen, viertheilen und auf vier Räder legen. So
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)