durch die Königstraße mit herrlichem Pomp zurückgezogen, und in ihre Herberge gegangen, darin alles auf das prächtigste zugerichtet war. Es wohnte der Kaiser aber in dem Eckhause an der Johannisstraße (die jetzige Harmonie), und die Kaiserin in dem Eckhause gegenüber, und es war ein köstlicher bedeckter Gang von dem einen Hause zum andern quer über die Gasse aus dem Fenster gemacht, damit beide zu einander gehen könnten, wann sie wollten. Und alle Straßen waren aufs beste gereinigt und ausgeziert, und sobald es dunkel ward, mußten aus allen Fenstern Laternen ausgesteckt werden, daß es so hell war wie am lichten Tage.
Wie nun der Kaiser in seine Herberge kam, ward er aufs ehrfürchtigste von dem ganzen Rath empfangen, der in seinem ordentlichen Habit vor ihm stand; zu dem sagte er: „Wir danken Euch höchlich, Ihr Herren Unserer Stadt, daß Ihr Uns mit gebührenden kaiserlichen Ehren so stattlich empfangen habt.“ Da antwortete der älteste Burgemeister, Herr Jacob Pleskow: „Durchlauchtigster Kaiser! wollet uns nicht Herren nennen, sondern Ew. Majestät gehorsamste und unterthänigste Leute und Diener.“ Worauf der Kaiser erwiederte und sprach: „Die alten Verzeichnisse Unserer Tresekammer, von Unseren in Gott ruhenden Vorfahren her, weisen auf, daß diese Stadt eine von den fünf Herrenstädten des Reichs ist, und daß ihre Rathspersonen zu den Schöffen und
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)