Mahlers Gestalt hinausgeführt und an den Galgen gehenket; der Mahler aber versperret sich im Hause bis auf den Nachmittag; da kömmt er hervor, geht auf den Markt, und läßt sich schauen von Jedermänniglich. Die Leute jedoch weichen ihm aus dem Wege, und sprechen mit großer Verwunderung: „sieh da, ist der nicht diesen Morgen gehenket worden?“ Der Mahler spricht: „nein, der Teufel mag henken; ich aber bin kein Dieb gewesen.“ Solche Rede und Widerrede ist endlich vor die Herren des Gerichts gekommen; die lassen ihn zu sich fodern, und wie sie ihn ansichtig werden, stutzen sie auch nicht wenig und fragen: ob er nicht vor vier Stunden gehenkt worden? Da sagt er: nein; der Teufel möge henken, er aber nicht.
Die Richteherrn schicken nun den Frohnen hinaus und lassen besichtigen, was er den Morgen gehenkt. Der Büttel lauft hin; aber wie er die Leiter hinansteigt und den Gehenkten angreift, siehe da ist er so leicht wie ein Schweef; und nur ein Schatten, der da einem Menschen gleich gewesen.
Darauf haben die Herrn den Mahler ganz ernstlich befragt: wie sich der Handel eigentlich verhielte? das sollte er ihnen nach der Wahrheit und an Eides Statt berichten.
Da erzählt nun der Mahler Alles von Anfang an, und wie er vom Satan losgemacht sei, der sich selbst henken lassen.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)