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die Untz, gehörte zu dem Kloster. Alles wurde vor langer Zeit zerstört, man weiß nicht, ob im Hussiten- oder im Bruderkriege. Nur dunkle Sagen leben davon im Munde der Umwohner. Uralte Leute konnten sich noch erinnern, Rudera mit Vogelbeerbäumen und Mauerreste des Klosters und der Kirche in ihren jungen Jahren gesehen zu haben, und daß sie als Kinder mit der Fähre hinüber ins alte Kloster gefahren wären. Beim Aufrichten eines Gebäudes auf dem Klostergebiete fanden sich Knochen und Schädel, auch ein Münzfund kam vor. Man nahm die alten Steine zum Aufbau neuer Häuser. Viel ist von vergrabenen Schätzen die Rede, die theils gehoben sein, theils noch in den verborgenen Kellergewölben ruhen sollen; auch die Kirchenuhr soll vergraben worden sein.

Im Kloster Querfurt lag ein Schatz, der brannte nächtlicher Weile lichterloh. Alte Einwohner zu Pöltzschen erzählten vom Hörensagen ihrer Eltern und Großeltern: Einst kamen zwei fremde Männer nach Pöltzschen, der eine war ein Venetianer, den andern hieß man den Wirth, die sprachen zu den Leuten: drüben im alten Klostergarten liegt ein Schatz, wer ihn hebt, der hat zeitlebens genug. Darauf ging der Venetianer allein hinüber, blieb eine lange Weile weg, und als er wieder kam, trug er etwas unter seinem Mantel. Er sagte nicht, was es sei, und gab auch nichts davon ab. Bald darauf ging er noch einmal hinüber und kam nimmermehr wieder, ward auch nirgends gesehen noch gehört. Der Mann, der ihn hergeführt, mußte sich in seine Heimath betteln.

Zu anderer Zeit kam nach Pöltzschen ein Jesuit, sprach bei einem Bauer ein, sagte diesem, daß er in der Absicht da sei, den Klosterschatz zu heben, er möge ihm, gegen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/96&oldid=- (Version vom 1.8.2018)