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rollte abwärts, vergebens strengte der Knecht alle Kraft an, ihn aufzuhalten, die Ochsen stürzten unter der schweren Wucht des belasteten Wagens, und die Hinterräder trafen und zermalmten den Wagenlenker. Am Jahrestage seines Todes erscheint er, und schreit fürchterlich, und knallt mit seiner Peitsche, daß es weithin schallt. Hirten gruben zu seinem Andenken ein Kreuz in den Rasen, und das erneuern sie alljährlich, wie das Rasenkreuz bei Rohr und das von Steinen gelegte Kreuz am Fuße des Streufhain erneuert wird.




176.
Reichmannsdorf.

Ueberm Gebirgskamme drüben jenseit von der Steinheide liegt der Marktflecken Reichmannsdorf, an dem in noch ungleich höherem Grade, wie um Steinheid, die Bergmannssage blüht. Der Goldberg war es, der überreiche Ausbeute gab; schon im zwölften Jahrhundert war der Bergbau dort in hohem Flor. In Goldgewändern prunkten Männer und Frauen einher, mit goldenen Kugeln schoben sie nach goldenen Kegeln. Es waren allzumal reiche Mannen, das gab dem Orte den Namen, den er bis heute führt. Das Kegelschieben ist Nachhall alter verklungener Riesensage, denn ein Thal in der Nähe des Ortes heißt noch der „Riesenbach“. Aus dem Reichmannsdorfer Bergsegen wurde die herrliche St. Johanniskirche zu Saalfeld erbaut. Ein bis zwei Meilen rund um Reichmannsdorf verbreiteten sich die 122 Gold- und Silbergruben. Einst fand man einen gediegenen Goldklumpen,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)