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28.
Die Nixen im Abgewehr.

In der Nähe von Loitsch über Weida war einst ein Teich, der nicht mehr vorhanden ist, doch weiß man noch seine ehemalige Lage, und nennt sie das Abgewehr. Darin wohnte eine Nixe mit zwei schönen Töchtern, und ein Nix, der ihr Mann und der schönen Nixlein Vater war, alt und grämlich. Dennoch ließ die Mutter zu, was der Vater nicht gern leiden mochte, daß die Töchter nach Gräfenbrück zum Tanze gingen. Von Loitsch nach Gräfenbrück ist zwar nur ein klein Stück Wegs, doch muß man über manches Wasser, daher durfte es nicht allzusehr befremden, daß die Röcke der schönen fremden Mädchen immer nasse Säume hatten. Die Nixlein schlugen manches Jünglingsherz in süße Banden, und wurden auf dem Heimweg jedesmal gar gern geleitet. Doch nahmen sie nie ihre freundliche Begleitung weiter mit, als bis an das Häsel, eine kleine Waldung, denn, so sagten sie, unser Vater bringt uns um, wenn er sieht, daß wir nicht allein kommen. Das ließen sich die Bursche zur Warnung dienen.

Wanderer haben auch die Nixen am Teiche sitzen, und ihre Haare strählen, und den Nix im Wasser Purzelbäume schlagen sehen. Zwei Handwerksbursche kamen vorüber, bückten sich danach, da wurden sie durch eine Stimme erschreckt, die aus dem Wasser herausrief: Laßt ab, sonst kostet’s euer Leben!

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)