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gab guten, geistlichen Rath, wie der Schäfer sich verhalten solle, und segnete ihn ein. Als er Abends die Schafe eingetrieben hatte und aus dem Schafstalle heraus trat, da war auch der geisterhafte Steinträger da mit dem Angst rufe: „Wo soll ich ihn hin thun? wo soll ich ihn hin thun?“ Da sprach der Schäfer, wie ihm gelehrt worden war: „Thu’ ihn hin, wo du ihn hergenommen hast!“ Alsbald warf der Geist den schweren Stein von der Schulter, daß er tief in die Erde schlug. „Nun habe ich ihn gerade 100 Jahre durch getragen,“ sprach er, und verschwand.

Seitdem ist er nicht wieder gesehen worden. Der Stein ragt aber noch heutiges Tages aus dem Erdboden heraus, nicht weit von der gutsherrlichen Schäferei von Tausa.




227.
Die Zwerge.

Ein Tischlerjunge von Weida wurde einst von seinem Vater auf den Hammer geschickt; als er bei der Burg vorbei kam, sah er zwei zwerghafte Wesen, Mann und Weib, in alter grauer Tracht dort stehen, und in die Hände klatschen. Er erzählte dieß seinem Vater; dieser begleitete ihn dorthin, sah aber nichts, während der Junge dieselbe Erscheinung hatte, wie früher; dieß wiederholte sich auch, so oft er dort vorbeiging. Auch in den großen und kleinen Höhlen unfern der Weidaer Papiermühle sind oft Zwerge gesehen worden, welche offene Tafel hielten; am häufigsten einer mit einem eisernen Hütchen – vielleicht ein Ingesinde der eisernen Bertha.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)