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54.
Breitunger Kloster-Sagen.

Das Werrathal war reich mit Klöstern beglückt und gesegnet. Nicht weit vom Ursprunge das Nonnen-Kloster Veilsdorf bei Hildburghausen, dann ohnweit Themar das Nonnenkloster Trostadt; ganz nahe dem Thale das Mönchskloster Veßra, in Meiningen ein Minoritenkloster, eine Stunde von der Stadt nach dem Gebirge das Nonnenkloster Nora, in Wasungen ein Wilhelmiterkloster, seitwärts zur Linken auf fränkischer Erde Kloster Sinnershausen, auch Wilhelmitermönche; wieder näher nach dem Hauptthale zu in Georgenzell Cisterzienser, rechts in Stundenferne Schmalkalden mit seinem reichen Kollegiat-Stift St. Egidii und Erharti und seinem noch ältern Augustiner-Mönchskloster; im Thale selbst nun folgend das Nonnenkloster Königs-(Frauen-)Breitungen, früher auch Mönche daselbst, am linken, und das Mönchskloster Herren-(Burg-)Breitungen am rechten Werra-Ufer, endlich noch das Nonnenkloster Allendorf an der Werra, dicht unter dem Burgberge von Frankenstein und nahe bei Salzungen – alle zusammen eine wahre terra, oder Werra sacra.

Zwischen Frauen- und Herren-Breitungen, einander so wahlverwandt, wie die Inseln Frauen- und Herren-Chiemsee in Bayern, läßt die immer und überall wiederkehrende Sage einen unterirdischen Gang, und noch dazu quer unterm Werrabette wegführen, durch den die Mönche zu den Nonnen schlüpften. Einst hatte ein Herrenbreitunger Mönch mit einer Frauenbreitunger Nonne einen Fluchtplan verabredet, den beide auch in früher Morgenstunde ausführten,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/95&oldid=- (Version vom 1.8.2018)