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den Namen gab, gar wol durch dieses Nadelöhr gegangen sein. Auch der Wald um die Osterburg heißt der Hain, im dortigen Volksmunde „Hän“. Unter die Trümmer der Osterburg verlegt die Sage große gewaltige Kellergewölbe voll Riesenfässer, alle gefüllt mit edlem Wein, aber um den Wein hat sich der Weinstein so dicht krystallisirt, daß er ein natürliches Faß bildet, und um den Weinstein ist das Holz der Fässer und Reifen versteinert. Wenn das kein Steinwein ist, so giebt es keinen mehr. Auf der festen Burg saß einst ein Burgmann, Dietz Kieseling geheißen, als ein Graf von Henneberg sie berannte. Auf einmal prasselte ein dichter Hagel auf die Angreifenden herab, der manche Beule schlug, und erstere vermeinten, der Kieseling droben schickte ihnen ganze Sturzbäche von Kieselingen auf die Platten, aber droben gab es leider bereits keine Steine mehr, und was so hart und schwer niederschlug, das waren steinharte Brode und nicht minder harte Kuhkäse, und damit wurden die Angreifenden zurückgeschlagen. Da nun die Burg Eigenthum eines Bischofs war, so erhielt sowohl der Besitzer und Eigenthümer, als auch die Burg selbst, den Spottnamen: „Käs und Brod“ – ganz nach der Hennebergischen zum Spott geneigten Landesart.


37.
Das unsichtbare Dorf.

Zwischen der Stadt Themar und den Dörfern Marisfeld und Oberstadt liegt ein weites Feld, eine sogenannte Wüstung, welche das Gertles, auch Gätles und Gartles, heißt.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)