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Thurmes, und trug ein langes weißes Kleid, und in diesem Thurme soll sie denn auch gestorben sein, und nun umgehen mit vorwurfsvollem Blicke, starrem Schmerz in ihrem erdfahlen Antlitz, eine trauervolle und unheilkündende Erscheinung; auch habe sie dem Hause des Landesherrn ihren Fluch gegeben, der am Herzog Johann Friedrich dem Mittlern sich genugsam durch das traurigste Geschick erfüllte, und fortwirkend haften blieb an jedem „Johann Friedrich“ durch frühen Tod oder Tod im Irrsinn, so daß ein Hausgesetz errichtet ward, diesen Namen nie wieder einem Prinzen beizulegen.

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Fische auf Bäumen.

Dicht unterm Schlosse Tenneberg ist die freundliche Waldstadt Waltershausen erbaut, deren Namen man theils einfach und doch simpel vom Walde, theils gesucht von Balderich, dem Sohne des Königes Bisinfried von Thüringen ableitete. Heinrich der Finkler erhob den Ort zur Stadt, und umzog ihn mit Mauern. Er gewann vier Vorstädte, blieb aber doch klein. Die Stadt führt in ihrem Siegel einen schwimmenden Karpfen zwischen drei Bäumen, und soll es mit dieses Wappens Entstehung eine besondere Bewandtniß haben. Vor dem Waldthore am Strömelberge sprang eine schöne Quelle, welcher der sonst ziemlich wasserarmen Stadt das Trinkwasser zuführte. Da geschah es eines Tages, daß in Folge einer Erderschütterung die Quelle so heftig ausbrach, daß sie als ein wilder Bergstrom sich in das Thal ergoß, der durch das Waldthor

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/284&oldid=- (Version vom 1.8.2018)