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Poltergeister beschwören, fangen und sie in Säcken an Orte tragen, allwo sie gebannt bleiben, theils in Sümpfe, in Einöden, in Waldeswildnisse, theils, wie hier, in das helle Feuer, das dem Teufel bereitet ist und seinen Engeln. Solcher geheimnißvollen Bergesklüfte, darin die Abgrundqual der Verdammten zu Tage und vor das Auge einzelner Sterblichen noch bei ihrem Leben tritt, nennt die Sage in Thüringen mehrere, und es ist wichtig, ihrer zu achten, weil sie stets nach der Frühe heidnischen Kultes und Glaubens hinweisen.



11.
Die Stadt im Lautergrunde.

In der Richtung von Coburg nach Eisfeld zu liegt ein freundliches Thal, das ein Bächlein durchfließt, die Lauter genannt, darinnen liegen auch die Dörfer Unter- und Oberlauter, Tiefenlauter und die Lauterburg. Dort stand vor Zeiten eine große Stadt, in welcher lauter Freude wohnte, und kein Leid. Mag schon sehr, sehr lange her sein, daß solches goldene Zeitalter herrschte. Die Menschen, die in jener Stadt wohnten, waren alle zufrieden, es gebrach ihnen an nichts, sie waren ganz glücklich; und da geschah es, daß eines Jahres der Tag Allerseelen kam, an welchem die Kirche gebietet, Leid zu tragen um die Verstorbenen. In der glücklichen Lauterstadt aber war niemand gestorben, und ihre Bewohner sprachen unter einander: Was sollen wir ein Trauerfest begehen, da wir deß keine Ursache haben, und keiner von uns Trauer hat? Lasset

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)