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Darauf geschah ein Donnerschlag und es wurde plötzlich Nacht um beide Männer, und sie fanden sich in einer Höhle wieder, darinnen eine Feuerlohe flammte, gleichwie im Hörseelenberge. In diese Gluthlohe schleuderte jener den Sack sammt dem, was darinnen verborgen war, und bedeutete seinen Gefährten da, wo die Lohe noch zuckte, hinab in die Tiefe zu schauen. Da erblickte der Vogelsteller mit Entsetzen die Gluthwellen der Hölle und die Stätte ewiger Qual, wimmelnd von Teufelslarven und den gepeinigten Seelen der Verdammten. Vor Schrecken sank er in die Kniee, und als er in der Lohe unter den armen Seelen seinen eigenen Sohn brennen und schmoren sah, war er nicht mehr des ihm auferlegten Gelübdes des Schweigens eingedenk, sondern schrie: Ach Gott! Dort ist mein Hannes! – Kaum war ihm das Wort aus dem Munde, so ging ein kochen, zischen, donnern, tosen, wirbeln und brodeln los, als wenn die Hölle platzen und die ganze Erde verschlingen wollte, und das Feuermeer begann aufzuwallen und höher zu steigen, und da entfloh der Fremde und riß auch den Vogelsteller mit sich von dannen – da kamen sie an ein Wasser, in das beide sprangen, und in welchem dem Vogelsteller hören und sehen ganz und gar verging. Endlich lag er elendiglich ächzend im Walde, nicht weit vom Entensee, wo ein Jäger ihn fand, wie er am ganzen Leibe blitzblau angelaufen und verbrannt war, nur der Fuß, an dem er den rothbekreuzten Schuh trug, war noch heil. Dem Jäger erzählte der Vogelsteller mit matter Stimme, was ihm begegnet war, und dann starb er. Aus allem wurde entnommen, daß jener Fremde ein sogenannter „Popanz-“, oder wie man um Coburg sagt: ein „Pöpelsträger“ gewesen, welche die Pütze, Kobolde und

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)