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hinabgegangen war, Bier zu zapfen, wieder herauf, todbleich im Gesicht, zitternd am ganzen Körper, und hatte in Folge eines jähen Schreckens, den er im Keller gehabt, die Sprache verloren. Da er unkundig des Schreibens war, vermochte er in keiner Weise kund zu geben, was ihm widerfahren war.

Zu einer andern Zeit ging ein Knecht in den Keller, der fand die Fässer, welche Tages zuvor voll hinabgeschafft worden waren, alle leer, kein Tropfen darin, und doch der Boden des Kellers salztrocken. Ein anderer Knecht, der hinab ging, kam gar nicht wieder herauf, und als man fürchtete, ihn drunten betrunken oder tod zu finden, und mit Licht hinunter ging, ward keine Spur von ihm gefunden. An alle dem sollen die Wichtlein und Hütchen schuld sein.

Als ein ganz eigenthümlicher Zug in den Hulda- und Wichtleinsagen tritt die Neigung nach Bier auf. In jener Sage von Schwarza trinken Begleiterinnen der Hulda den Knaben die Bierkrüge leer (s. S. 42.), bei Bodelwitz im Orlagau verrichtet Perchta selbst dieß Geschäft, und dann gleich darauf ein anderes unsauberes, damit das Bier im Gießer ersetzt werde (D. S. B. 575). Beim Dorfe Angelrode in Thüringen, zwischen Arnstadt und Ilmenau, suchten die Zwerglein aus den Kammerlöchern den Keller des Wirthes so lange heim, bis er Asche streute, und die Spur ihrer Gänsefüße sah, worauf sie wegblieben. Beim Osenberge im Oldenburgischen betrank sich in einem Keller ein Zwerg und verspätete sich so, daß er erwachend erschrocken und weinend davon ging, und seinen Bierkrug zurückließ, der dann lange als Andenken in des Wirthes Familie blieb. (D. S. B. 513. 165.) Daß das Bier,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/144&oldid=- (Version vom 1.8.2018)