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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2

verbröckelt … Ihr seid treue Seelen, wenn ihr hören solltet, daß ein Mann, den sein Weg durchs Gebirg geführt, tot aufgefunden wurde, so sagt’s nicht wieder – um der „Sache“ willen –, daß ihr ihn kennt!

Annerl (fällt sprachlos weinend dem Michel um den Hals).

Michel. Annerl, du bist ein grundgscheits Weib, verschreck dich net, sei kuraschiert, dös mußt du auf gleich bringen! (Geht mit Wurzelsepp zurück. Beide entfernen sich mit den Bauern nach dem Hintergrunde. Hell, in Gedanken versunken, und Annerl im Vordergrunde.)

Annerl (fährt sich mit der Schürze über die Augen und tritt dann entschlossen auf Hell zu). Hell – hochwürdiger Herr!

Hell (wendet den Kopf). Du, Anne?

Annerl. Laß mit dir reden! Ich bitt dich um Himmels willen, hör auf mich! Du hast vom Kaplan Cyrill ein Wörtl fallen lassen – himmlischer Vater, willst du’s bei dem End anfassen?!

Hell. Laß mich, Anne, frage nicht! Ich stehe niemandem mehr Rede als dem dort oben!

Annerl. O, nur so, nur so red nit! (Mit steigender Erregung.) Du darfst’s nit, Pfarrer, du mußt das Deine tragen, bei dem, was in derer Stund zentnerschwer auf mir liegt, du mußt! Du weißt, ich hab’s auf mich gnommen, weil ich um dich alles, alles ertragen hätt, nur kein Fleck auf deiner Ehr! Ich schau nit um, ob noch a Weib mir gleich und so stark wär als ich; ich hab jetzt nur dich vor Augen, du mußt der bleiben, der du gewesen bist, der Mann,

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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_097.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)