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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2


Finsterberg (wiegt den Kopf). Ja, ja, der Beruf ist der verantwortlichste und der Hauptfehler junger Leute liegt darin, sie wollen andre leiten und sich nicht leiten lassen; und da braucht’s eine feste Hand, die unbarmherzig die wunden Stellen ihrer eitlen Selbständigkeit berührt, die ihnen zeigt, wie sie daran gehen, sich unmöglich zu machen und ihre schöne Stellung samt aller Aussicht für die Zukunft um Flitter und Tand in die Schanze zu schlagen. (Fast väterlich.) Ich habe Ihnen einst die Hand zu Ihrem Emporkommen geboten, als ich Sie nicht gekannt, jetzt kenne ich Sie, weiß, was Ihnen not tut, werden Sie nun den Rat, den ich Ihnen zu Ihrem Fortkommen biete, zurückweisen?

Hell. O gewiss nicht! Ich bitte Sie vielmehr inständigst darum, Herr Graf!

Finsterberg. Ja, ja, mein guter Hell, da Sie darum bitten, so sollen Sie meinen Rat haben, so warm, als er aus meinem ehrlichen alten Herzen kommt. (Lächelnd.) Brühwarm sollen Sie ihn haben! Hähähä! – So treten Sie doch näher!

(Hell tritt langsam näher.)

Finsterberg. Sehen Sie, ich habe früher gesagt, Sie seien kein Mann der streitenden Kirche, jetzt sag ich Ihnen noch obendrein, Sie sind auch kein Mann der herrschenden Kirche! – Na, nur nicht verzagt, mein Sohn, ich habe Sie niedergestreckt, ordentlich niedergestreckt, aber mit diesen Händen will ich Sie wieder aufrichten … hähähä … Lacht nicht, (sehr jovial) lacht nicht, der Tausendelementer – hähähä! Warum nicht?

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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_013.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)