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Da die Multiplikation der mit einem beliebigen gemeinsamen Faktor die Formel nicht ändert, die aber andererseits der obigen Bilinearrelation unterworfen sind, haben wir in der Tat zehnfach unendlich viele Substitutionen vor uns.

Wegen der näheren Einzelheiten und der literarischen Nachweise vergleiche man etwa die „Zusätze und Ergänzungen", welche Herr Fritz Nöther dem eben erscheinenden Schlußhefte von Sommerfelds und meiner „Theorie des Kreisels“ (Leipzig, Teubner 1910) hinzugefügt hat.


[Cunningham und Bateman haben bereits 1909 bemerkt, daß die Maxwellschen Gleichungen nicht nur bei den linearen Transformationen der Lorentzgruppe invariant bleiben, sondern auch bei der erweiterten , die sich aus der Lorentzgruppe ergibt, wenn man eine gerade Anzahl von Transformationen folgender Art (die einer Umformung der Welt durch „reziproke Radien“ entsprechen):

hinzunimmt.[1] Hiervon macht Bateman 1910 in den Proceedings der Londoner Mathematical Society (2) 8 interessante Anwendungen auf die Theorie der Maxwellschen Gleichungen.

Bateman geht l. c. ferner dazu über, das Wertsystem durch eine Kugel des dreidimensionalen Raumes mit den Mittelpunktskoordinaten und dem Radius zu interpretieren (es ist dies derselbe Gedanke, den Timerding unabhängig im 21. Bd. des Jahresberichts der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, 1912, entwickelt hat). Die Transformationen der vierdimensionalen „Welt“, welche wir gerade erwähnten, verwandeln sich dann, wie Bateman sagt, in „spherical wave tranformations“. Es sind dies genau die Transformationen der Lieschen Kugelgeometrie. Unter ihnen ist die der Lorentztransformationen dadurch ausgezeichnet, daß sie Ebenen in Ebenen verwandelt.

Offenbar schließen sich diese Entwicklungen auf das innigste mit denjenigen zusammen, die Lie und ich 1871 gegeben haben und wegen deren ich hier insbesondere auf Nr. VIII der vorliegenden Gesamtausgabe (über Liniengeometrie und metrische Geometrie) verweisen darf.

Für die Physik hat diese allerdings nicht dieselbe Bedeutung wie ihre Untergruppe, die der Lorentzgruppe. Es liegt dies daran, daß nur letztere eine Verallgemeinerung der der klassischen Mechanik ist (in die sie übergeht, wenn man die Lichtgeschwindigkeit unendlich setzt), eine allgemeine Physik aber ebensowohl die Mechanik wie die Elektrodynamik umfassen muß. Einstein drückte dieses Sachverhältnis mir gegenüber gelegentlich so aus: Die Transformation durch reziproke Radien wahrt zwar die Form der Maxwellschen Gleichungen, nicht aber den Zusammenhang zwischen Koordinaten und Maßergebnissen von Maßstäben und Uhren. K.]


  1. Die einzelne Transformation dieser Art würde die Maxwellschen Gleichungen so umändern, wie ein Vorzeichenwechsel von , oder, was auf dasselbe hinauskommt, der Übergang von einem Linkskoordinatensystem , wie es Hertz benutzt, zu einem Rechtskoordinatensystem.
Empfohlene Zitierweise:
Felix Klein: Über die geometrischen Grundlagen der Lorentzgruppe. Julius Springer, Berlin 1921, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lorentzgruppe_(Klein).djvu/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)