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Lurche monatelang hinquälen, daß der junge Kuckuck seine Stiefgeschwister aus dem Neste hebelt, so daß sie elendiglich verhungern, daß Millionen von Maiwurmkäferlarven zu Grunde gehen, weil sie keine Erdbiene erreichen, die sie zu Neste schleppt, daß das Tarantelweibchen und die Gottesanbeterin das Männchen ihrer Art, nachdem es sie befruchtet hat, in herzloser Weise auffrißt, daß die jungen Schwalben sich vor Lausfliegen und Wanzen nicht retten können, überhaupt, warum dulden Sie, verehrte gnädige Frau, alle diese entsetzlichen Ekto- und Entoparasiten, vom Sandfloh bis zum Leberegel, vom Bandwurm bis zum Pestbazillus? Ist denn dieser gräßliche Kampf um das Dasein überhaupt nötig? Könnten Sie die ganze Sache nicht anders einrichten?"

Frau Natur steckte sich eine Zigarette an, blies den Rauch mit nachdenklichem Gesichte aus ihren reizenden Mundwinkeln, lachte dann und antwortete: „Es ginge wohl, Herr Meyer, aber es geht nicht. Sie glauben vielleicht, daß ich machen kann, was ich will? Daß ich Generalvollmacht habe? Das habe ich leider Gottes Gottseidank nicht, denn sonst wäre ich schön aufgeschmissen. Ich habe schon, wurde mir die Schinderei da draußen zu unangenehm, den Versuch gemacht, dem abzuhelfen, aber regelmäßig eine Pleite ersten Ranges erlebt. So züchtete ich Habichte, die nur tote Tiere fressen sollten, und was kam dabei heraus? Schmarotzermilane wurden es, die die Falken so lange belästigen, bis die angeekelt ihnen ihre Beute hinwerfen und sich neue fingen. Und die Rachenbremse der Rehe und die Nasenfliege der Kröte, ja, du lieber Himmel, ich habe so viel um die Ohren, daß ich mich beim besten Willen um solche Kleinigkeiten nicht kümmern kann, soll nicht alles drüber und drunter gehen. Sie glauben gar nicht, was ich alles zu tun habe, damit das große Ganze halbwegs in der Reihe bleibt! Und schließlich, Herr Meyer,“ und als sie das sagte bekam sie sehr unangenehme Augen, „sind das

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.8.2018)