Seite:Liebermann- Blutmord Konitz- p078.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Eine Vereinigung zur Aufklärung des Konitzer Mordes

hat sich in der Stadt Konitz gebildet. Am 11. März 1900 ist der in blühendem Jünglingsalter stehende Gymnasiast Ernst Winter von verruchten Mörderhänden in Konitz zu Tode gemartert worden, und noch immer harrt die entsetzliche That der irdischen Sühne.

Die in den Tagen vom 26. Oktober bis 10. November zu Konitz stattgehabte öffentliche Schwurgerichts-Verhandlung gegen die wegen Meineides angeklagte Familie Masloff hat ein grelles Streiflicht auf die dunkle Angelegenheit geworfen, indem dieser Prozeß weit über den Rahmen eines einfachen Meineidsprozesses hinausgegangen und sich zu einer Art von Ermittelungsverfahren in der Winterschen Mordsache gestaltet hat. Noch erscheint es möglich, daß der geheimnisvolle Mord Aufklärung und Sühne findet.

Diese Möglichkeit ist der Selbstlosen und unermüdlichen Thätigkeit einiger weniger Männer zu verdanken, die ohne ausreichende Geldmittel, aber mit Aufbietung aller ihrer Kräfte den Spuren des Mordes nachgegangen sind. Die ungeheuren Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich jedem Schritte zur Entdeckung des Mörders entgegenstellen, können aber schließlich nicht durch den Eifer und die Thatkraft Einzelner überwunden werden.

Das ganze deutsche Volk ohne Unterschied der Parteirichtung hat ein dringendes Interesse daran, das eigentümliche Dunkel gelichtet zu sehen, das Gerade diesen grausigen Mord umhüllt. Dem Vater des Ermordeten, dem Bau-Unternehmer Winter zu Prechlau, stehen nicht die Mittel zu Gebote, um seinerseits die vorhandenen Spuren soweit zu verfolgen, daß es gelingt, die Justiz zur Ergreifung der Mörder zu veranlassen.

In der Stadt Konitz, in deren Mauern der Mord verübt worden, hat sich daher eine Vereinigung aus angesehenen Bürgern in Stadt und Land gebildet, die sich das Ziel gesteckt hat, mit allen Kräften zu der Aufklärung des Mordes beizutragen und jede Spur rückhaltslos zu verfolgen.

Diese Vereinigung wendet sich an alle Deutschen jeder Parteirichtung. Ein jeder soll nach seinen Kräften zur Ansammlung eines ausreichenden Fonds beitragen, der unter Verantwortung der Unterzeichneten für eine sachgemäße Verfolgung der Spuren des Mordes verwendet werden soll.

Empfohlene Zitierweise:
Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Berlin: Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, 1901, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_p078.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)