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Wo sind die Mörder zu suchen?

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Bei dem Begräbnis des Ermordeten sprach Herr Pfarrer Hammer allen Anwesenden aus der Seele, als er in seiner tief ergreifenden Predigt am Grabe hervorhob: ,,Alle Zeichen sprechen dafür, daß das Verbrechen, wobei ein blühender Jüngling von verruchten Mörderhänden in so entsetzlicher Weise hingeschlachtet ist, lange vorher geplant und vorbereitet und in kaltblütiger und geschickter Weise ausgeführt worden ist." Hinzufügen mußte der Geistliche noch, ,,daß diese Mörderhände immer noch nicht gefunden seien."

Warum sind die Mörder noch nicht gefunden?

Weil die Behörden überall dort suchen, wo die Mörder nicht zu finden sind. Weil die Behörden die richtige Spur nicht sehen, eine Spur, die für jeden Unbefangenen klar daliegt. Diese Spur führt mit zwingender Notwendigkeit hin auf einen geheimen Blutaberglauben bei einer jüdischen Sekte. Der Mord ist vorher geplant und überlegt; zu der verbrecherischen That muß sich eine Mehrzahl von Männern vereinigt haben (vergl. den Gerichtsbeschluß auf S. 31), denn der starke gewandte Jüngling konnte von einem Mann niemals überwältigt werden.

Um den jungen Winter derart zu binden und zu knebeln, um ihm bei lebendigem Leibe die Kehle durchschneiden zu können, bedurfte es der Mitwirkung einer größeren Anzahl von Menschen. Giebt es nun Nichtjuden in der Stadt Konitz, die zu einer solchen That sich zu verbinden im Stande gewesen wären? Der harmlose lebensfrohe Jüngling hatte keine Feinde, und zu rauben war bei dem Gymnasiasten sicherlich nichts!

Die Mörder müssen ein passendes Lokal mit geeigneten Einrichtungen vorbereitet haben, das hell erleuchtet werden konnte, wo Messer und Säge und ein Tisch bereit waren, um den Körper kunstgerecht zerlegen zu können.

Männer, die in Zerlegung eines Tier- oder Menschenkörpers geübt waren, müssen bei der mörderischen That mitgewirkt haben. In ganz Konitz giebt es außer den Aerzten nicht einen einzigen solchen Mann unter den Christen, und ein auswärtiger Fachmann christlichen Glaubens ist am Mordtage nachweislich nicht in Konitz gewesen.

Die Mörder haben auch Mitwisser in der Stadt Konitz. Das wird bewiesen durch die nachträgliche Verschleppung des Armes auf den evangelischen Kirchhof und des Kopfes in die Wiesensümpfe am anderen Stadt-Ende. Und diese Mithelfer weilen bis zum heutigen Tage in der Stadt, dafür zeugt unwiderleglich der

Empfohlene Zitierweise:
Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Berlin: Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, 1901, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_p045.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)