Seite:Liebermann- Blutmord Konitz- p037.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gehört: ,,Haben Sie sich etwas merken lassen?" –,,Daß hier so viele Teufel herumkrabbeln." – ,,Daß ja nichts herauskommt."

Auch Unterredungen anderer Juden hat man gehört, die auf eine weitverzweigte Mitwisserschaft an dem Winterschen Morde schließen lassen.

Eine Brunnenmacherfrau Barbara Siegmund, geb. Salomon, zu Elbing hat z.B. eidlich bekundet, daß sie im Mai 1900 ein Gespräch zweier Juden belauschte, woraus sich ergab, daß Winter behufs Blutgewinnung von jüdischen Leuten in Konitz umgebracht sei.

Der Sack, worin der Rumpf des Ermordeten eingenäht war, deutet auf die Familie Lewy hin. Die Schwester des Fleischers Lewy, die Händlerin Lewy, pflegte etwa alle drei Wochen in das Haus des Schneidermeisters Plath zu kommen und dort die Abfälle an Lappen usw. aufzukaufen; namentlich verkaufte die bei Plath bedienstete Aufwärterin Seidler al. Frankowski alle alten Sachen an die Lewy. Dabei hat diese in der Zeit von August bis Weihnachten 1899 auch den Sack erstanden, den sie, da er noch ganz und brauchbar war, bei ihren Handelsgängen verwendete. Die Lewy leugnet zwar jetzt ihren Geschäftsverkehr mit der Seidler, aber drei Lehrlinge bei Plath und das Dienstmädchen bei den Plathischen Einwohnern, Familie Lurch, wissen genau, daß die Lewy noch bis kurz vor dem etwa mitte Februar 1900 erfolgten Tode der Seidler die alten Sachen von ihr ankaufte.

Der Arbeitsmann Masloff zu Konitz bekundet vor Gericht am 8. Juni 1900:

,,Ausgangs Januar bin ich hierher gezogen und habe auf Hohenhöfen Wohnung genommen. Jetzt wohne ich in der Poststallstraße in einem Hause zusammen mit meiner Schwiegermutter Roß und meinem Schwager Berg. Bis zum März war ich noch ziemlich unbekannt in Konitz. Ungefähr acht Tage vor dem Morde bin ich auf dem Wege nach der Gasanstalt durch die Mauerstraße nach der Rähmstraße gegangen. Durch einen offenen Thorweg sah ich links von demselben in einer Remise Fleisch hängen. Ich dachte bei mir: Ein schönes Stück Fleisch. Dort später einmal einen Diebstahl zu begehen, daran habe ich damals nicht gedacht.

Am Sonntage, den 11. März, ungefähr 10 Uhr abends, ging ich von der Wohnung meines Schwagers Berg allein nach Hause. In der Danzigerstraße verlor ich den Pfropfen von meinem Schnupftabakglase. Ich bückte mich danach, es war gerade vor einem Kellerfenster; ich hörte in dem Keller mehrere Stimmen, konnte jedoch nichts verstehen, auch nicht in den Keller hineinsehen, weil es vollständig dunkel war und das Fenster mir verhängt schien. Ich ging bis zum nächsten Fenster desselben Hauses. Auch durch dieses hörte ich Stimmen; dieses war unverhängt. Durch dieses drang ein matter Lichtschein. Der Schein war nicht gleichmäßig. Ich horchte an diesem erleuchteten Fenster ein paar Minuten; das Gespräch wurde im Keller weiter geführt; ich glaubte vielleicht aus der Hinterstraße mehr hören zu können und ging aus Neugierde nach derselben. Eine Diebstahlsabsicht hatte ich noch nicht, ich

Empfohlene Zitierweise:
Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Berlin: Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, 1901, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_p037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)