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hörte von der Frau des abwesenden Besitzers, daß nicht jener Knecht, sondern der Tagelöhner Laskowski beauftragt sei, die Kuh hinzubringen, Lewy gab sich nunmehr die größte Mühe, eine Abänderung dieser Anordnung herbeizuführen, und log sogar der Frau G. vor, ihr Mann habe ausdrücklich befohlen, daß gerade Tucchinski das Stück Vieh nach Konitz trasnportieren solle. Frau G. ging aber auf Lewys Bitte nicht ein, sondern der Tagelöhner Laskowski brachte die Kuh zu Lewy, der ihm auftrug, das Tier in den Stall des Gasthauses zu schaffen und sich den Treiberlohn dann abzuholen. Er sollte dabei aber durch die hintere Hofthür kommen. Laskowski that das nicht, sondern betrat durch die Vorderthür das Lewysche Haus und wurde von dem alten Lewy deswegen gröblich angefahren. In seiner Aussage erklärt Laskowski:

Ich hatte dabei eine große Beklemmung, mir kam es so unheimlich vor; das ganze Gebaren der Lewys flößte mir ein Grauen ein, als ob sie mir Böses anthun wollten. – In der zweiten Stube hörte ich, daß der alte Lewy mit den Uebrigen sich murmelnd unterhielt. Ich hörte die Worte: "Ist die Sache eingerichtet?... Ist der Bursche von Hoffmann bestellt?... Kantor viel zu thun... Kantor Bart anlegen... Beine fesseln... Mönch- See." Als ich diese Worte hörte, befiel mich eine große Herzensangst. Ich wurde nun gefragt, ob ich verheiratet sei. Ich sagte ja, ich habe fünf Kinder. Ich hörte von der Unterhaltung der Juden außerdem noch die Worte: "Bald zu kriegen sein... möchte nicht lange dauern... zu weiß, zu weiß..." – Dann kam ein fremder Mann in den Laden, worauf ich mein Geld für das Treiben der Kuh erhielt und hinausging.

Im weiteren bekundete der Zeuge noch, daß um die Mittagszeit der alte Lewy ihn in dem Laden des Kaufmanns P., wo er einen Schnaps trank, aufgesucht und ihn habe überreden wollen, nochmals zu ihm zu kommen, angeblich um den Strick, woran die Kuh geführt worden war, abzuholen. Auffallenderweise erklärt der alte Lewy diese ganze Bekundung des Laskowski für unwahr. Auf den Gymnasiasten Ernst Winter scheint man aber besonders sein Augenmerk gerichtet zu haben; das beweisen folgende Vorkommnisse:

Die jüdische Familie Meyer, die ein Schnittwaren- Geschäft in Konitz betrieb, ist mit der beabsichtigten Abschlachtung des Gymnasiasten Winter nicht einverstanden gewesen. Sie hat versucht, ihn warnen zu lassen, hat auch noch einen anderen jungen unverheirateten Mann davor gewarnt, zum Fleischer Adolph Lewy beim Verkaufe von Vieh durch die hintere Hofthür zu gehen. Aus den Bekundungen mehrer Zeugen ergibt sich, daß Frau Meyer und deren Tochter zu ihnen gesagt haben, ,,es bestehe eine Verschwörung gegen einen jungen Mann Namens Ernst Winter" – ,,der Winter möchte doch lieber ein anderes Gymnasium besuchen, hier würde es ihm doch noch schlecht ergehen" – ,,wenn er hier bleibt, so nehmen sie ihn auch, er ist ihnen schon sehr zugethan". Später hat die Familie Meyer diese Aueßerungen eidlich abgestritten, und im Juni 1900 ist gegen sie ein Verfahren

Empfohlene Zitierweise:
Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Berlin: Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, 1901, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_p034.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)