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die sofortige Vernehmung Masloffs. Da die Beamten Herrn Bruhn als Zeitungsverleger kannten, so hielten sie es nicht für zweckmäßig, sein Gesuch abzuschlagen.

Masloff bekundete nun in Gegenwart der Herren Braun und Wehn, daß er in der Nacht vom 11. zum 12. März die Absicht gehabt habe, Fleisch von dem Lewyschen Hofe zu stehlen. Hierbei habe er, nachdem er von vorn auf der Straße schon den Lichtschein gesehen und das Geräusch in dem Keller des Lewy gehört habe, auch den Hof von dem hinteren Thorweg aus beobachtet und von dort aus ebenfalls ein Gemurmel von Menschenstimmen aus dem Keller her vernommen. Nach einiger Zeit sei ein Mann aus der Kellerthür gekommen, bald danach noch zwei Männer, von denen der eine, der alte Lewy, ein Licht in der Hand gehalten habe. Nach längerer Zeit seien drei Männer auf den Hof gekommen, die etwas trugen und nach der Hinterthür gingen. Er, Masloff, habe sich rasch in der Nähe verborgen und gesehen, wie die drei Männer, darunter Moritz Lewy, eine schwere Last nach der Mönch-See-Spüle schleppten. Diese Gelegenheit habe er ausgenutzt, sei durch die unverschlossene Thür auf den Hof gegangen, habe dort ein Stück Fleisch vom Haken genommen und sich dann nach seiner Wohnung entfernt. Während er sich das Fleisch aneignete, habe er aus dem Keller ein Geräusch gehört, als ob dort gescheuert werde.

Nach dieser Aussage mussten die Bezichtigungen gegen die Familie Hoffmann ganz haltlos werden.

Von Fräulein Anna Hoffmann war weiter nichts herauszubekommen gewesen, als die Worte: ,,Aber mein Gott, ich weiß doch von nichts, ich kann doch nichts sagen!"

Die alte kranke 70jährige Mutter Hoffmanns erschien auf der Polizei, wurde dort hart angelassen, blieb aber standhaft und verlangte ihr Enkelkind heraus.

Da Herr Polizei-Inspektor Braun aus dem Auftreten des Herrn Bruhn und aus der Zusammenrottung der ganzen Konitzer Bevölkerung ersehen hatte, daß Hoffmann sehr viele und einflußreiche Freunde besaß, hielt er die Verhaftung nicht aufrecht und ließ Herrn und Fräulein Hoffmann nach Hause gehen, nachdem diese von 8 bis 1 Uhr und ihr Vater sogar bis drei Uhr auf dem Polizei-Bureau festgehalten worden waren.

Lassen wir Herrn Hoffmann selbst weiter reden. Er sagt in seiner Verteidigungsschrift:

,,Am Abend desselben Tages verbreiteten die Juden und Judengenossen in der ganzen Bevölkerung, daß ich in der Nacht verhaftet werden sollte. Mir und meinen Freunden war klar, daß man damit absichtlich Unruhen in der Nacht hervorrufen wollte, was auch geglückt ist. Bisher hatten nur einige unreife Burschen in der Dunkelheit bis 10 Uhr ,,Hepp, hepp" in den Straßen gerufen und dann und wann eine Fensterscheibe heimlich eingeworfen. Auf die Nachricht von meiner Verhaftung versammelten sich aber einige Tausend erwachsene und meist verheiratete Männer ganz freiwillig, um den durch eine Verhaftung meiner Person gegen die Gesamtheit der
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Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Berlin: Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, 1901, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_p029.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)