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fragte, ob er nicht doch früher glücklicher gewesen sei als jetzt, wo er zwar Stunden himmlischen Glückes, aber auch brennendster Höllenqual hatte.

So bitter wie jetzt waren die Qualen früher nicht gewesen!

Im nächsten Augenblick aber schämte er sich schon dieser Regung, und Thränen der Reue traten in seine Augen, und Thränen darüber, dass er so wenig stark war, das Schlimme in seiner Seele zu unterdrücken.

In seinem beweglichen Gesicht hatte sich der innere Kampf abgespiegelt, und Lea verstand nur zu gut, was ihn bewegte.

Eine schwere Mutlosigkeit bemächtigte sich ihrer und ein namenloses Bangen vor der Zukunft ergriff sie.

Von Anfang an hatte sich in die Liebe der beiden ein Tropfen Wermut gemischt, – und wenn sie sich umschlungen hielten und wünschten, keine Körper zu haben, damit ihre Seelen ineinander fliessen könnten, – wenn ihre Liebe den höchsten Punkt der Ekstase erreichte, dann war es ihnen manchmal, als ob sie weinen müssten, und eine Ahnung kam ihnen, dass diese Liebe sie töten würde. Wie zwei Sterbende blickten sie sich dann an, und

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Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/92&oldid=- (Version vom 10.11.2016)