dem Gastzimmer, die hat mich müde gemacht, – und dann glaube ich, habe ich mich heute doch etwas zu sehr angestrengt!“ Sie streichelte schmeichelnd seine Hand, während sie sprach.
„Lea!“
„Ja?“
„Wirst Du mir die Wahrheit sagen, wenn ich Dich jetzt etwas frage?“
„Habe ich Dir je etwas anderes gesagt?“
„Woran hast Du gedacht, als wir heute abend auf dem Berggipfel standen und den Sonnenuntergang bewunderten?“
Lea errötete.
Was sollte sie ihm antworten? Wie sollte sie ihm jene Gedanken wiederholen, die wie ein Traum an ihrer Seele vorübergezogen waren?
Ihr Zögern beängstigte ihn.
„Du sahst nicht glücklich aus, Lea!“
„Ich nicht glücklich? O!“
„Nein,“ beharrte er.
„Meine Gedanken waren vielleicht – ich dachte – –“
„Was dachtest Du?“
„Nun, meine Gedanken trugen mich hoch über die Erde, und da erschien mir alles so nichtig und wesenlos!“
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/89&oldid=- (Version vom 10.11.2016)