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– „Nora weint! das ist noch nicht dagewesen! Sie sind ja ein Tausendkünstler, lieber Ludwig, – ich habe Nora noch nie weinen sehen! Sie weinte nicht, als ihre Eltern starben, sie weint nie im Theater, wenn das Stück auch noch so rührend ist, – sie weint nie! Und nun – – –“

Ludwig küsste Lea die Thränen fort, und flüsterte dabei leise ihren Namen. Es berührte ihn immer äusserst unangenehm, wenn Frau Maroldt „Nora“ sagte.

„Bitte, liebe Frau Maroldt, erfüllen Sie mir doch einen Wunsch.“

„Welchen denn?“

„Nennen Sie meine Braut nicht mehr Nora, – sagen Sie doch Lea, wie ich!“ Aber Frau Maroldt protestierte.

Nein, den hässlichen jüdischen Namen könne sie nicht leiden! Er wisse doch, dass es ein jüdischer Name sei? Nun also, es sei doch auch garnicht ihr richtiger Name, und Nora höre sich doch auch viel schöner und vornehmer an!

Lea hatte der Debatte amüsiert zugehört und gab der Tante recht.

„Lass Tante doch, Ludwig,“ sagte sie, „Nora klingt wirklich viel schöner, – und –“ setzte sie leise hinzu, „Nora bin

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Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/60&oldid=- (Version vom 10.11.2016)