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Sein Blut raste ihm durch die Adern, – es brauste in seinen Ohren und er zerrte an seinem Kragen, weil er zu ersticken drohte.

Taumelnd erhob er sich und wankte zu einem Sessel.

Was war mit ihm geschehen?

Sie hatte ihn geküsst.

Ihn geküsst! ... Und solche Seligkeit lag in einem Kusse?

Nun begriff er, dass um eines solchen Kusses willen Menschen die grössten Thorheiten begangen haben und begehen.

Er schloss die Augen und liess ihren Kuss noch einmal in der Erinnerung auf sich einwirken.

Und wieder durchströmte es ihn wie Feuer.

Er rief sich ihr Gesicht zurück, wie sie seinen Kopf gefasst, wie sie sich langsam gegen ihn geneigt, wie sie – – –

Plötzlich sprang er mit einem unartikulierten Schrei auf.

Das Feuermal nahm eine bläulich blasse Farbe an, und wimmerndes Stöhnen quälte sich aus seinem Munde.

Sie hatte ihn geküsst, ja – – aber – – sie hatte die Augen dabei geschlossen!

Empfohlene Zitierweise:
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/47&oldid=- (Version vom 10.11.2016)