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Herz – was war ihm geblieben! Eine Hundehütte war ihm geblieben.

Ein besonders schriller Schrei drang in die warme Finsternis. Diesmal konnte der am halb verglommenen Feuer nicht an sich halten – laut bellend fuhr er in die Höhe. Mit einem jaulenden Schmerzenslaut duckte er sich nieder: ein Stück Holz war ihm krachend in die Weichteile gefahren. Der Wille des Herrn hatte gesprochen. In hohen Tönen wimmernd lag er gekauert und horchte auf die Stimme der Natur, auf die Stimme der ungebändigten Freiheit, auf die mahnende Stimme, anmahnend das verpfuschte Leben seiner Generationen. Da lag er: ein wohlgenährter Verräter. Ein in Sicherheit lebender Verräter. Ein zutiefst unglücklicher Verräter. Nun war es ganz still geworden. Der Hund schlief.

*

Zwischen Otto Wels und Lenin bestehen gewisse Gegensätze.



Ein besserer Herr

Da laßt mich mal ran. Dieses Buch will besprochen sein.

Dieses Buch ist: „O. S.“, verfaßt von Arnolt Bronnen (erschienen bei Ernst Rowohlt zu Berlin); „O. S.“ heißt: Oberschlesien. Ausgezeichneter Einband: eine graue Generalstabskarte der Gegend, die Demarkationslinie zwischen Polen und Deutschland blutrot eingezeichnet, der Titel gleichfalls rot, das ist sehr gut gemacht. Die vierhundertzehn Seiten aber sind der Abschied eines Literaten von der Literatur.

Vor der Abstimmung in Oberschlesien versuchten beide Teile, die Entscheidung der Alliierten und die Haltung der Entente-Kommissionen mit Waffengewalt zu beeinflussen. In Polen taten das Patrioten und bezahltes Gesindel, in Deutschland waren es Patrioten und bezahltes Gesindel; die Atmosphäre

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_057.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)