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kamen beide in die erste Kompagnie und standen auch weiter Mann neben Mann. Auch Jacobsen kam in dieselbe Kompagnie, Wietfeld in die dritte, Schnitzler in eine andere Kompagnie, aber wenigstens beide in dasselbe Bataillon, das erste, unter dem Kommando des Hauptmanns v. Montbar. In meiner Kompagnie war auch Fritz Jäger, von dem ich noch nicht erzählt habe. Wir waren gleichzeitig auf die Universität und in die Verbindung gekommen, obwohl er (wie übrigens die meisten meiner Freunde) ein paar Jahr älter war als ich. Er war der Sohn eines Landwirts bei Schöningen in Braunschweig, studierte auch Philologie und war am 1. April als Einjähriger eingetreten, so dass er bei Ausbruch des Krieges schon fertiger Soldat war und gleich mit dem Regiment auszog. Wietfeld, er und ich, wir waren ein Trifolium, und beim Auszuge sprachen wir viel vom baldigen Wiedersehn. Ich hatte einen Ring mit einem Amethyst und eingravirten F, den mir einmal ein Onkel geschenkt hatte; ich trug ihn immer und wir sagten, es sei ein Talisman, der mir durch alle Fährlichkeiten des Lebens hindurchhalf. Als nun Fritz Jäger auszog, gab ich ihm den Talisman mit dem F und übertrug seinen Segen auf ihn; und er hatte gewirkt, denn Jäger war in 21 Gefechten gewesen, als wir ihn wiedersahen, darunter Mars la Tour, und nichts hatte ihn getroffen. Ich erkannte ihn an der Stimme wieder, denn er sah aus wie ein Kinderschreck, aber die Verwilderung war nur äusserlich, wie er denn überhaupt einer der besten und gutmütigsten Menschen war, die mir

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Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_39.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)