Don Juan
(zu Catalinon).
Gib Jeder zehn Dublonen zum Entgelt,
Daß heute mir die schönste nicht gefällt.
Gold ist noch da; ich hätte nicht gedacht,
Daß unerschöpflicher mein Reichthum wäre,
Als meine Lust, als meiner Sinne Macht,
Nun bin ich doch besiegt vom Weiberheere.
In’s Welke hat sich’s Leben mir entfärbt,
Ja selbst sein Preis, das Gold scheint abgeblichen.
Der frohe Juan ist aus der Welt entwichen,
Der traurige Juan hat ihn beerbt.
Verrückt’res hat die Erde nie getreten,
Als Stoiker und darbende Asketen.
Das Beste wäre kein Bedürfniß fühlen?
Das Beste ist Verlangens Gluth zu kühlen.
O dürsten wie das Windspiel, Meil’ auf Meile
Das Wild verfolgend in erhitzter Eile,
O hungern möcht’ ich wie der Wolf im Schnee,
Und dann den frischen Bach, das junge Reh!
Ha! wie der Hirsch, wenn Triebe ihn durchfeuern,
Des Schlafs vergißt, nicht hat der Weide Acht,
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau’s dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/83&oldid=- (Version vom 23.4.2023)