Seite:Lenau - dichterischer Nachlass, 1858.djvu/122

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
102

So durch und durch verdorben ist die Bande,
Daß sich der Blitz befleckt mit ihrer Schande.

Der Bube läßt aufgähren mit Gekreische
Der niedern Leidenschaften trübe Maische;

15
Was als ihr Heiligstes die Menschheit kennt,

Er wirft’s in seinen Kübel als Ferment;

Wenn er die Blase schaut in seinem Schaume,
Scheint sie Weltkugel seinem Dünkeltraume.

Die Kunst ist eine derbe Magd geworden,

20
Verpöbelt in der Frohne schlechter Horden.


Sie schleppt das Holz, daß zündend sie bediene
Der Lüste lustig prasselnde Kamine.

Sie trägt den Eimer der verflachten Lumpen,
Mit Beifallsthränenfluth ihn voll zu pumpen.

25
Im Stalle waltet sie, den Freudenfesten

Der Taumelnden das Vieh heranzumästen.

Sie schreitet ihnen vor, aus ihren Wegen
Wie dürres Laub die Sitte fortzufegen.

Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau’s dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/122&oldid=- (Version vom 22.4.2023)